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Schadenersatzforderung verspäteter Autofahrer gegenüber Klima-Aktivisten

  • By:Jeanine Kummler

Kostenlos Selektive Fokusfotografie Von Autos Stock-FotoEin aktuell rege diskutiertes Thema sind die regelmässigen Strassenblockaden durch Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten. Im am 31. Oktober 2022 publizierten Bericht von 20min.ch wurde die Frage nach möglichen Schadenersatzforderungen von Verkehrsteilnehmern, welche aufgrund der Strassenblocke eine Vermögenseinbusse erfahren, aufgegriffen und Rechtsexperten um deren Meinung gefragt. Rechtsanwalt Dominik Probst stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass eine Schadenersatzpflicht der Klimaaktivsten gegenüber den Verkehrsteilnehmern bestehen kann.

 

Rechtsgrundlage

Stehen die betroffenen Parteien in keinem besonderen Rechtsverhältnis zueinander, sind Schadenersatzansprüche gestützt auf das ausservertragliche Haftpflichtrecht zu prüfen. Die Grundnorm ist in Art. 41 OR (Verschuldenshaftung) statuiert und besagt, dass derjenige, der einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, diesem gegenüber zum Ersatze verpflichtet ist. Hierauf können sich auch Autofahrer berufen, welche einen finanziellen Schaden aufgrund einer durch Klima-Aktivisten blockierten Strasse erleiden. Dass die erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich erfüllt sein können, wird im Folgenden aufgezeigt.

Eine Haftung nach Art. 41 OR setzt kumulativ einen Schaden, einen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen schädigendem Verhalten und Schaden, Widerrechtlichkeit der Schädigung und ein Verschulden des Schädigers voraus.

 

Schaden: Ein Schaden ist eine ungewollte Vermögensverminderung, d.h. eine Differenz zwischen dem aktuellen Vermögensstand des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses und dem hypothetischen (gleichzeitigen) Vermögensstand bei Ausbleiben des Ereignisses.

Einen sogenannten (sonstigen) Vermögensschaden (neben Personen- oder Sachschaden) erleiden auch Autofahrer, welche aufgrund einer von Demonstranten gebildeten Strassenblockade beispielsweise ihren Flug verpassen oder einen geschäftlichen Termin/Auftrag nicht wahrnehmen können. Während es sich im ersten Fall um einen tatsächlich messbaren Schaden handelt (angefallene Kosten des Flugtickets für den verpassten Flug), resultiert der finanzielle Schaden im zweiten Beispiel in erlittenen Umsatzeinbussen, sprich entgangenem Gewinn, welcher ebenfalls zum Schaden zählt und geltend gemacht werden kann. Letzterer muss jedoch in einem gerichtlichen Verfahren bewiesen werden, was prozessual anspruchsvoll sein kann.

Kausalzusammenhang: Der natürliche Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn ein Verhalten (Umstand) unabdingbare Voraussetzung für ein Schadensereignis ist. Dabei ist nicht vorausgesetzt, dass es sich um die einzige oder unmittelbare Schadensursache handelt. Das Verhalten muss gemäss Adäquanztheorie jedoch im Mindesten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens geeignet sein, einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen.

Dass ein Autofahrer infolge der Strassenblockade einen finanziellen Schaden erlitten hat, ist durch diesen zu beweisen. Dies dürfte im Einzelfall gelingen, zumal versperrte Verkehrswege durchaus geeignet sind, die betroffenen Autofahrer von geplanten Terminen fernzuhalten und dadurch negative finanzielle Folgen auszulösen (vgl. Schaden).

Widerrechtlichkeit: Vorbehalten einer Rechtfertigung (bspw. Einwilligung des Geschädigten) liegt Widerrechtlichkeit vor, wenn die Schädigung in ein absolut geschütztes Rechtsgut eingreift. Neben Leib und Leben, körperliche, geistige und seelische Integrität, Persönlichkeit, Eigentum und Besitz zählt auch die persönliche Freiheit, namentlich die Bewegungsfreiheit, zu den absolut geschützten Rechtsgütern (privatrechtliche Schutznorm: Art. 41 OR i.V.m. Art. 11 ZGB; strafrechtliche Schutznorm: Art. 181 StGB).

Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten machen sich, nach der hier vertretenen Meinung, durch ihr Verhalten der Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB schuldig. Durch Versperren der Verkehrswege beschränken Sie die Bewegungsfreiheit der Verkehrsteilnehmer und nötigen sie zum Unterbruch der Fortbewegung gegen deren Willen. Es liegt eine Form der unzulässigen Freiheitsbeschränkung vor. Dadurch verletzen sie das Rechtsgut der persönlichen Freiheit, welches nicht nur gegenüber dem Staat, sondern auch gegenüber Privatpersonen absolut gestützt ist. Es darf grundsätzlich niemand daran gehindert werden, einen bestimmten Ort zu verlassen.

Verschulden: Letztlich setzt die Verschuldenshaftung naturgemäss ein Verschulden des Haftpflichtigen voraus.

Dies ist im vorliegenden Fall klarerweise zu bejahen. Die Demonstranten beabsichtigen mit ihren Aktionen möglichst viel mediale Aufmerksamkeit zu erhalten, mit dem Ziel, ihr Anliegen in der Bevölkerung bekannt zu machen und so mehr Druck aufzusetzen. Dies, indem sie die Verkehrsteilnehmer bewusst an einer Weiterfahrt hindern. Damit nehmen sie in Kauf, die Verkehrsteilnehmer in ihrer Handlungs- und Bewegungsfreiheit einzuschränken und damit letztendlich zu schädigen.

 

Letzten Endes gilt es darauf hinzuweisen, dass die Strassenblocke zumindest vor Ort stoisch geduldet werden sollte, ansonsten man Gefahr läuft, sich im Nachgang selbst – je nach Reaktion – strafrechtlich verantworten zu müssen. Zudem sind sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der ausservertraglichen Haftung stets im Einzelfall zu prüfen und es empfiehlt sich, zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen einen Rechtsanwalt zu konsultieren.


ra-probst

Dominik Probst ist Rechtsanwalt bei SLP Rechtsanwälte und Notariat in Aarau. Er berät primär Unternehmen sowie Privatpersonen im Bereich des Unternehmens-­ und Vertragsrechts sowie des Strafrechts.

RA Dominik Probst

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